Dass wir nicht noch mehr Plastik auf unserer Erde brauchen, darüber sind wir uns wohl alle einig. Deshalb steigen immer mehr Menschen von konventionellen Plastikzahnbürsten auf Bambuszahnbürsten um. Doch wie nachhaltig sind Bambuszahnbürsten eigentlich? Wir haben zwei GründerInen unsere Fragen gestellt. Kira von BambuDent und Anton von Planet Bamboo sind uns Rede und Antwort gestanden über Rohstoffe, Herstellungsprozess und Produktionsbedingungen und erklären, weshalb Bambuszahnbürsten aus China doch eine nachhaltige Alternative darstellen.
TEIL 1: DER ROHSTOFF BAMBUS & PRODUKTION IN CHINA
1. Warum Bambus als Hauptbestandteil einer Zahnbürste?
Anton von Planet Bamboo: Bambus muss man einfach lieben. Es vereint so ziemlich alle Eigenschaften die unsere heutige Umwelt braucht in einem einzigen Werkstoff. Riesenbambus z.B. erreicht seine maximale Länge von 20 Metern innerhalb weniger Monate. Anschließend dauert es etwa 4-5 Jahre, bis der Stamm seine hervorragenden hartholzähnlichen Eigenschaften gebildet hat. Weil Bambus extrem schnell wächst, können jährlich große Mengen abgebaut werden ohne den Bestand ansatzweise zu gefährden. Im Gegensatz dazu ist Hartholz oft erst nach 50-100 Jahren schlagreif. Das schnelle Wachstum bedeutet außerdem, dass Bambus verglichen mit Bäumen sehr viel CO2 in Sauerstoff umwandeln kann. Da der Bambus so ein widerstandsfähiges „Unkraut“ ist, braucht er keine Pestizide und Düngemittel um zu wachsen.
Bambus hat somit vor allem zwei Vorteile:
- Bambus ist eine sehr schnell nachwachsende Ressource und damit laut Definition nachhaltig. Erdöl, aus dem der meiste Kunststoff hergestellt wird, ist endlicher Rohstoff. Deshalb sollten wir nicht mehr davon verwenden, als wir wirklich brauchen.
- Bambus ist biologisch abbaubar und Plastik verweilt für 500 Jahre auf unserem Planeten. Bei den Müllbergen, die wir produzieren, müssen wir was ändern.
2. Wie nachhaltig ist es, Zahnbürsten aus Bambus in China zu produzieren und nach Deutschland zu transportieren?
Kira von BambuDent: Es gibt mehrere Gründe, die Bürsten nicht in Deutschland produzieren zu lassen.
China ist nicht mehr das Billigland, das es einmal war. Dort sind Geschäftsleute, die ihre Vorstellungen haben und diese genauso durchsetzen wie die Deutschen.
Der Bambus selbst wächst in China. Dort wächst er ganz ohne Düngemittel so schnell und so hoch, dass man ihm tatsächlich beim Wachsen zu schauen kann – je nach Art wächst er bis zu 1 m in 24 Stunden. Dies wäre in Europa nicht ohne Dünger möglich, welcher sich dann im Endprodukt finden lassen würde.
- Der Transport von Bambusrohren würde enorm viel Platz einnehmen. Denn die Rohre sind im Inneren hohl.
- Die Qualität
- Der Preis
Anton von Planet Bamboo: Wenn man realistisch ist, konkurriert eine Bambuszahnbürste nicht mit einer Plastikzahnbürste aus Europa. So gut wie alle unsere Zahnbürsten oder Zahnbürstenköpfe werden in Fernost produziert und legen somit den gleichen Weg zurück. Der lange Transportweg ist sicherlich nicht ideal. Aber bei der Herstellung von Kunststoff wird ebenfalls CO2 produziert. Durch Photosynthese wandelt Bambus hingegen CO2 in Sauerstoff um. Dann ist die Differenz schon nicht mehr so groß.
3. Produktionsbedingungen in China
Kira von BambuDent: Wie bereits erwähnt, ist das Land China nicht das Billigland, das uns in den Medien oft verkauft wird. Die kleinen und mittelständischen Firmen, zu denen auch unsere Produktionsfirma gehört, bieten ihren Arbeitern sehr gute Arbeitsbedingungen. Um sich selbst zu überzeugen, bieten diese Firmen auch regelmäßig Besichtigungstermine an. Die Firmen, in denen es den Arbeitern schlecht geht, sind die Produktionen der wirklich großen Marken – ich werde keine nennen, aber jeder weiß welche Marken ich meine.
Anton von Planet Bamboo: Ein Großteil des in Europa verkauften Bambus kommt aus China. Die Umwelt- und Sozialstandards sind dort, verglichen mit der westlichen Welt, natürlich niedrig. Doch positiv ist, dass der Bambusanbau bisher wenig industrialisiert wurde und zum Großteil in den Händen von Kleinbauern liegt.
TEIL 2: DIE BAMBUSZAHNBÜRSTE & IHRE BESTANDTEILE
4. Wieso sollte ich denn überhaupt auf eine Bambuszahnbürste umsteigen?
Kira von BambuDent: Bei der täglichen Nutzung der Zahnbürste reibt man mit dem Plastik in der Regel drei Minuten an der Schleimhaut. Es lösen sich kleine Plastikpartikel, die dann in den Kreislauf gelangen. Dies zeigt auch die Dokumentation. Wie viel Plastik in unserem Körper ist und welche Folgen das für uns hat, können wir heute leider noch gar nicht wirklich sagen. Was wir aber mit Bestimmtheit sagen können – es ist nicht gesund.
Eine Zahnbürste benutzt man ca. 2 bis 3 Monate. Dann wirft man sie weg, um sie durch eine Neue zu ersetzen. Es entsteht also eine Menge Plastikmüll. Erstens durch die Verpackung und zweitens durch die Bürste selbst. Unsere Bambuszahnbürsten sind in einer Altpapierschachtel verpackt. Die Bürsten selbst können auch gut entsorgt werden.
5. Borsten der Bambuszahnbürste: Unterschiede
Kira von BambuDent: Richtig, es gibt verschiedene Borsten. Aktuell kann man unterscheiden zwischen
- Borsten aus biologischem Kunststoff (Nylon-4) oder "normalem" Kunststoff (Nylon)
- Borsten aus Bambusviskose
Borsten aus Bambusviskose:
Borsten aus Bambusviskose werden aus dem Zellstoff von Bambus hergestellt. Sie sind biologisch abbaubar – und das auch relativ schnell im Vergleich zum Bio Kunststoff. Allerdings lässt sich hier die Härte nur durch die Borstendichte beeinflussen.
Borsten aus biologischem Kunststoff (Nylon-4) oder "normalem" Kunstoff (Nylon):
Borsten aus Bio-Kunststoff lassen sich sehr leicht im Härtegrad beeinflussen. Sie sind biologisch abbaubar – aber sehr langsam. Borsten aus "normalem" Kunstoff (Nylon) sind nicht biologisch abbaubar.
6. Entsorgung der Bambuzahnbürste & Nutzungsdauer
Kira von BambuDent: Ich empfehle aus hygienischen Gründen die Zahnbürste alle 3 Monate zu wechseln. Wenn man zwischendurch krank war, sollte man die Bürste abkochen oder mit kochendem Wasser abbrühen. Je nach Modell kann die Bürste komplett ins Feuer wandern, verbuddelt werden oder eben auf den Kompost geworfen werden. Die Borsten aus Bio-Kunststoff sind zwar biologisch abbaubar, brauchen aber sehr lange. Daher ist es am besten den Kopf einfach getrennt zu entsorgen. Abbrechen und in den Restmüll. Den Stiel dann am besten verbrennen. Diese Bambuszahnbürste mit Bambusviskoseborsten kann tatsächlich komplett auf den Komposthaufen oder ins Feuer.*
*Um auch hier auf Nummer sicher zu gehen, sollte man den Kopf abbrechen und getrennt entsorgen.
7. Gibt es denn eine 100% kompostierbare Bambuszahnbürste überhaupt?
Kira von BambuDent: 100% kompostierbar ist sehr schwierig. Bei der Produktion der Borsten wird immer Chemie verwendet. Dies lässt sich, meiner Meinung nach, nie vermeiden. Diese Chemie wird auch immer im Produkt zu finden sein. Somit auch ein geringer Anteil an Kunststoff. Dieser Kunststoff ist biologisch abbaubar - nur in welcher Zeit? Ja, man kann die Bürste in den Biomüll schmeißen. Nein, das Abfallunternehmen wird sich darüber nicht freuen. In den Biomüll sollten nur Dinge, die schnell verrotten. Und das tut die Bürste nicht. Wäre ja auch schlecht, wenn sie während dem Zähneputzen schon verrottet.
FAZIT: Bambuszahnbürsten sind sicherlich nicht DAS Allheilmittel für die Plastikproblematik. Allerdings sind sie ein Schritt in die richtige Richtung und es wird (wenn auch noch sehr selten) bereits Bambus in Europa angebaut. Somit ist es auf jeden Fall ein Produkt, in dem viel Potential steckt.
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Infos zu den Interviewpartnern BambuDent und Planet Bamboo*
Kira über die Gründung von BambuDent:
Entstanden ist BambuDent 2015 nach einem Videoabend. Wir haben uns den bekannten Film „Platic Planet“ angesehen und beschlossen „So kann es nicht weiter gehen“. Also haben wir uns überlegt wie wir zu dem momentanen Wandel beitragen können. Es erschien uns relativ schnell als logisch bei den kleinen Dingen anzufangen. Und welches kleine Teil nutzen wir täglich 2x? Die Zahnbürste.
Anton über die Vision von Planet Bamboo:
Wir möchten mit unseren Produkten mehr Leute erreichen. Unsere Vision ist es, dass in Zukunft Kunststoffe nur noch dort verwenden werden, wo sie wirklich nötig sind. Und die Umstellung wollen wir den Verbrauchern so angenehm wie möglich gestalten. Durch eine breite Palette an nachhaltigen, aber auch ästhetisch ansprechenden Produkten sollen auch Leute mit unserer Botschaft erreicht werden, die bisher noch so viel an die Umwelt gedacht haben. Ökologisches Denken und Handeln soll zum Mainstream werden. Nachhaltige Unternehmen sollen zum Mainstream werden. In dieser schönen neuen Welt werden wir uns als faires Unternehmen positionieren, das einfach nur Mainstreamprodukte verkauft ????
*Die Interviews wurden getrennt von einander an unterschiedlichen Tagen geführt.
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